Nachruf und Beerdigungsansprache für meine Mutter
"Ich lebe und ihr sollt auch leben!"
Gestern, am 03. Juli 2015 um 14:25 Uhr hat das Herz meiner Mutter zu schlagen aufgehört. Nach 90 Jahren und knapp 8 Monaten ist ein Leben zu Ende gegangen, das geprägt war von vielen Tiefen und manchen Höhen.
Geboren am 21. November 1924 in Plathe, Pommern, verlor sie mit zwei Jahren schon früh ihre Mutter. Mit fünf Jahren hieß es zum ersten Mal, die Heimat zu verlassen. Es ging nach Thüringen. Nach der Schulzeit und der Ausbildung kam der Krieg. Sie mußte zum Landdienst nach Ost-Oberschlesien, in die Nähe von Auschwitz im heutigen Polen.
Als die Ostfront immer näher rückte, hieß es zum ersten Male Flucht nach Westen, zurück nach Thüringen, wo sie am 1. Dezember 1945 meinen Vater heiratete.
In den folgenden Jahren schenkte sie fünf Kindern das Leben, von denen eines an plötzlichem Kindstod starb.
Der Höhepunkt ihres Lebens war wohl der Tag, an dem sie die Entscheidung traf, künftig ihr Leben mit Jesus Christus zu gestalten. Das war im Jahre 1962. Seit diesem Tage war sie bemüht ein Leben zu führen, das ihrer Überzeugung gerecht wurde.
Jeder, der sich um das Gute bemüht weiß, wie schwer es manchmal werden kann, Anspruch und Wirklichkeit auf einen Nenner zu bringen. Bis zuletzt war sie – auch hier im Heim – darum bemüht, von ihrem Glauben Zeugnis abzulegen. Dort, wo es ihr nur bedingt gelungen ist, mag man es ihr nachsehen.
Gestern war ich bei ihr in ihren letzten Stunden. Sie betete mit ihren letzten Atemzügen, dass Gott sie doch erlösen und heimholen möge. Er hat sie nach einem langen, arbeitsamen und entbehrungsreichen Leben erhört. An dieser Stelle mögen diese Worte zu ihrem Leben genug sein. Sie hat ihr Leben in ausführlicher Form in Worte gefasst (ihre Lebensgeschichte). Diese bleiben für die Zurückbleibenden erhalten.
Manchmal hat Gott Zeit, viel Zeit. Die Zeit kann für uns zur Ewigkeit werden, wenn wir darauf warten, dass Gott endlich handelt. So ist es auch ihr in ihren letzten Wochen und Monaten ergangen. Das Warten fiel ihr zunehmend schwerer. Ist es endlich so weit, kommt das Handeln Gottes doch für uns überraschend.
Es ist richtig, dass ein Abschied traurig macht. Dennoch wollen wir uns jetzt nicht weiter mit dem Ende, dem Tod, beschäftigen, sondern mit dem Ziel unseres Lebens – dem Leben.
"Ich lebe und ihr sollt auch leben" (Joh. 14,19)
Das Wort aus der Bibel steht im Zusammenhang mit dem Tod des Lazarus aus Bethanien. Lazarus war ein Freund Jesu. Was liegt da näher, dass seine Schwestern Maria und Martha nach Jesus schicken, als sie merken, dass Lazarus wohl sterben wird. Doch Jesus nimmt sich Zeit.
"Ich lebe und ihr sollt auch leben"
Das ist das Programm des auferstandenen Jesus Christus.
Wie viel setzen Menschen daran, uns zum „wahren“ Leben verhelfen. Was wird in Hochglanzprospekten alles versprochen. Was gaukelt uns die Werbung vor. Doch hierbei erklären selbst die Werbestrategen und Gerichte den all zu Vertrauensseligen, dass sie nie und nimmer diesen Versprechungen trauen dürfen.
Und so gibt es einen grundlegenden Unterschied zwischen all den menschlichen Versprechungen und Programmen und der Aussage Jesu. Alle menschlichen Programme beziehen sich auf das diesseitige Leben – hier, auf diese Erde. Sie alle enden mit dem Tod.
Nur der gekreuzigte und auferstandene Herr, Jesus Christus, hat ein Programm, welches das diesseitige und das jenseitige Leben umfasst.
Gern sind wir bereit zu sagen:
„Ach, es ist doch noch niemand zurück gekehrt aus dem Niemandsland.“
Entweder suchen wir, ein Weiterleben nach dem Tod in einer Geisterwelt zu erreichen, oder wir meinen, mit dem Tod ist alles aus. Schon die Kinder werden darauf vorbereitet, diese Vorstellungen der Erwachsenen zu übernehmen, wenn wir nur an die Filme von Harry Potter denken, oder uns die ganze Science Fiction Szene vor Augen führen.
Doch Jesus spricht von etwas ganz anderem. Da sind zuerst die Beweise seiner Auferstehung, die uns zu denken geben sollten.
In ihrer Angst suchten sie eine mögliche Auferstehung zu verhindern, indem sie einen großen Stein vor das Grab rollen ließen, diesen versiegelten und zusätzliche Wachen vor das Grab postierten.
Als ihre Rechnung nicht aufging, kauften sie die Wachen des Grabes mit Bestechungsgeldern, damit sie verkünden sollten, er wäre gestohlen worden.
In ihrer Verblendung und Selbstherrlichkeit wollten damals die klugen Leute nicht akzeptieren, dass er auferstanden ist und lebt. Wer das verkündete, wurde ins Gefängnis geworfen und bedroht, ja nicht mehr davon zu reden.
Und heute?
Da ist er angeblich nicht gestorben. Ellenlange Artikel werden hierüber in Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht.
Aber was bedeutet es für unser Leben, ob wir diese Beweise seiner Auferstehung annehmen oder nicht? Jesus sagte:
"Ich lebe und ihr sollt auch leben".
Glauben wir das?
Und wenn nicht?
Wenn ich die Auferstehung ablehne, dann bleiben für mein Leben nur menschliche Programme übrig. Diese kann ich grob in zwei gegensätzliche Gruppen einteilen:
Die einen sagen:
"Lasst uns fressen und saufen, denn morgen sind wir tot"
und die anderen:
"Wir müssen diese Welt so lebenswert wie möglich für alle machen, denn wir haben keine andere."
Hierzu gehört ganz aktuell auch die Diskussion um die Klimakatastrophe. Lasst uns die Schäden wenigstens abmildern, wenn wir sie schon nicht verhindern können.
Beiden Programmen ist jedoch gemeinsam, dass der Mensch nur sich selbst verantwortlich wähnt und seine Maßstäbe selber setzt. Beiden ist gemeinsam, dass sie keine wirkliche Antwort auf die Frage nach dem Tode haben.
Der erste Weg muss alle Lust auskosten, bevor der Tod sie nimmt. Der zweite muss alles Gute tun, bevor der Tod dem ein Ende setzt. Stellen wir diesen menschlichen Programmen das Programm Jesus Christus gegenüber. Er sagt:
"Ich lebe und ihr sollt auch leben!"
Daran hängt der Glaube aller Christen. Ein Glaube, der jetzt bereits 2000 Jahre überdauert hat, von einer Generation zur nächsten. Der Apostel Paulus sagt:
„Wäre aber Christus nicht auferstanden, so hätte unsere ganze Predigt keinen Sinn, und euer Glaube wäre völlig wertlos." (1. Kor. 15,14)
Christus ist auferstanden –selbst seine Feinde kommen nicht umhin, das zu bezeugen. Christus zieht alle jene, die sich ihm anschließen, zu sich. Sie erhalten ewiges Leben. Darin liegt der Wert christlichen Glaubens. Darum macht christlicher Glaube auch Sinn.
Da haben wir das Beispiel des Profi-Golfers Paul Azinger, der im Alter von 33 Jahren nach einigen wichtigen Siegen erfuhr, dass er Krebs hatte. Er schrieb:
„Ein beklemmendes Gefühl der Furcht kam über mich. Ich konnte an Krebs sterben. Aber dann traf mich eine andere Wirklichkeit noch härter. Ich muss auf jeden Fall sterben, sei es an Krebs oder an etwas anderem. Alles was ich im Golfsport erreicht hatte, erschien mir bedeutungslos. Alles was ich wollte, war leben."
Dann erinnerte er sich, was ihm ein Prediger einmal gesagt hatte:
"Wir gehen nicht vom Land der Lebendigen, zum Land der Sterbenden. Wir sind im Land der Sterbenden und versuchen in das Land der Lebendigen zu kommen."
Bei diesem Bemühen unterstützt uns Jesus Christus höchst persönlich. Wir als Christen sind unterwegs vom Land der Sterbenden in das Land der Lebendigen. Der Tod wird uns weiter treffen wie alle anderen, aber nach dem Tod steht nicht das Nichts, sondern die Auferstehung der Toten.
Wir werden bereits jetzt zu den Lebenden gerechnet, doch nach dem Tod wird dies zur Wirklichkeit. Keine Vergänglichkeit mehr! Keine Schmerzen mehr! Keine Krankheit mehr! Kein Leid mehr! Leben im Glück, in der Liebe Gottes, in Geborgenheit, in Harmonie. Ohne Angst, ohne Sorgen. Alles das, was wir uns immer gewünscht haben wird dann in der Wirklichkeit.
Das zweite ist, dass der christliche Glaube Wert gibt.
Gott ist das Leben. Er verteilt es in Fülle und Vielfalt. Weil es von gewollt ist, liebt er es. Diese Liebe gibt dem Leben Wert an sich. Das zeigt sich für uns vor allem in den „Randbereichen“ des menschlichen Lebens - im Mutterleib, im Alter und bei Behinderung.
Auch wenn eine Mutter sich schwer tut, die Schwangerschaft anzunehmen, für Gott hat das Leben wert. Spätestens, wenn die Mutter nach der Geburt ihr Kind in den Armen hält, ändert sich das Beschwerliche fast immer in unaussprechliche Freude. Auch wenn die Schwangerschaft gerade nicht in das menschliche Lebenskonzept passt, Gott hat einen Weg, der neues Leben ermöglicht.
Im Alter lassen die Kräfte nach und ein Mensch kann an das Bett gefesselt sein. Auch dieser Mensch ist von Gott gewollt und geliebt. Wer in jungen Jahren bereits seine Beziehung zu Gott begründet hat, ihn in seinem Leben immer wieder erfahren hat, findet die Kraft, die Last des Alters zu tragen. Schließlich trägt ihn der Wunsch, „nach Hause zu kommen“ auch die letzte, schwerste Etappe seines Weges, Abschied zu nehmen.
Ein dritter Randbereich des Lebens ist die Behinderung. In unserer auf Leistung und Perfektion getrimmten Welt stören solche Menschen. Gottes Botschaft im christlichen Glauben sagt, dass auch dieses Leben vor Gott wertvoll ist. Wer sich mit Behinderten etwas näher befasst erkennt schnell, dass auch sie nicht nur einen Platz in der Gesellschaft verdienen, sondern auch in ihrer speziellen Situation tiefste Freude empfinden können.
Der Mensch hat seinen Wert daraus, dass er vor allem von Gott geliebt wird. Wunderbar ist es, wenn er auch noch von seinen Mitmenschen geliebt wird. Gott zeigt uns, dass wir unseren Wert nicht erst durch irgendwelche Leistungen schaffen müssen, sondern dass unser Wert aus der Liebe Gottes entspringt.
Ich muss mich nicht ständig damit herumschlagen, geliebt zu werden. Die Liebe ist das Geschenk Gottes, das uns vom ersten Tag unseres Lebens an begleitet und nicht mit noch so viel Geld erworben werden kann.
"Ich lebe und ihr sollt auch leben!"
Jesus bezieht uns in sein Leben mit ein. Während viele Menschen ohne Jesus zusehen müssen, wie ihre Träume und Wünsche wie Seifenblasen zerplatzen, erleben Christen, wie Gott seine Verheißungen Stück für Stück erfüllt. In den prophetischen Aussagen hat Gott vorgezeichnet, was auf uns zukommen wird. Christen erleben die großen Weltereignisse als Erfüllung dieser Vorschau Gottes. Vieles ist bereits in Erfüllung gegangen. Nur noch wenig steht aus.
Während die Menschen ohne Jesus ihre Schuld mit sich herumschleppen und selbst im Sterben nicht los werden können, erleben Christen, wie sie durch ihren Glauben von Schuld befreit werden. Sie gehen nicht mehr gebeugt durchs Leben. Sie haben längst ihre Last am Kreuz von Glogatha abgelegt. Sie verlieren ihre Angst vor dem Tod. Sie freuen sich auf die Begegnung mit ihrem Befreier.
Christlicher Glaube lässt die Wirklichkeit Gottes erkennen. Uns Christen wird oft ein verklärter Umgang mit der Wirklichkeit vorgeworfen. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Wenn ich Gott aus meiner Wirklichkeit ausblende, komme ich zu vollkommen falschen Ergebnissen.
Churchill war ein Mann, der im Blick auf die göttliche Wirklichkeit gelebt hat und gestorben ist. Er bereitete sein Begräbnis vor. Es wurde feierlich in der St. Pauls Kathedrale in London gehalten. Am Ende der Trauerfeier plante er einen ungewöhnlichen Teil ein.
Während des Segens spielte ein Trompeter auf der einen Seite des Chores das militärische Signal für den Tagesschluss oder Gute Nacht – den Zapfenstreich.
Dann war eine lange Pause.
Danach spielte auf der anderen Seite des Chores ein Trompeter das militärische Signal für das Aufstehen oder Guten Morgen.
Dies war Churchills Art zu zeigen, dass auf der Seite dieser Welt – auf unserer Seite, hier und heute - das "Gute Nacht" steht, auf Gottes Seite aber das "Gute Morgen" der Auferstehung. Auf diese großartige Weise hat er die Wirklichkeit der Auferstehung sichtbar gemacht.
Das zweite ist, dass christlicher Glaube von Schuld befreit. Ein einfaches Beispiel mag dies verdeutlichen.
Nehmen wir einmal an, du hast bei einer Bank Schulden. Nun schreibe ich einen Zettel:
"Dir (da setze ich deinen Namen ein) sind deine Schulden erlassen."
Ich unterschreibe ihn mit meinem Namen. Was passiert, wenn Du mit diesem Zettel zur Bank gehst und ihn dort abgibst? Der Mitarbeiter der Bank würde den Zettel anschauen und sagen:
„Dieser Zettel ist ungültig. Damit sind ihre Schulden leider nicht getilgt.“
Wird dieser Zettel mit dem gleichen Wortlaut allerdings vom Bankdirektor unterschrieben, dann wäre er gültig und du könntest dich über den Erlass deiner Schulden freuen.
So verhält es sich auch mit Jesu Tod. Wäre er zwar gekreuzigt worden, aber nicht auferstanden, dann wäre der Schuldenerlass von Jesu Kreuz soviel wert wie der Zettel mit meiner Unterschrift.
Jesus wurde aber gekreuzigt und ist auferstanden. Jesu Auferstehung ist die Unterschrift des himmlischen Bankdirektors, dass die Kreuzigung zum Erlass deiner Schulden gültig ist. Somit sind Kreuzigung und Auferstehung untrennbar miteinander verbunden.
Darum ist das Kreuz der einzige Ort in der Welt, an dem deine Schuld sofort und ohne Nebenwirkungen vernichtet wird.
"Tatsächlich aber ist Christus als erster von den Toten auferstanden." (1. Kor. 15,20)
und sagt:
"Ich lebe und ihr sollt auch leben!"
Auch wenn der Tod gestern wieder nach einem Menschen gegriffen hat, der uns sehr nahe stand. Jesu Wort gilt:
"Ich lebe und ihr sollt auch leben!"
Mit den Worten:
„Vater, mach ein Ende, hol mich heim!“
verabschiedete sich meine Mutter bis zu dem Tag, von dem der Apostel Paulus sagte:
13 Und nun, liebe Brüder und Schwestern, möchten wir euch nicht im Unklaren darüber lassen, was mit den Christen ist, die schon gestorben sind. Ihr sollt nicht trauern wie die Menschen, denen die Hoffnung auf das ewige Leben fehlt.
14 Wir glauben doch, dass Jesus gestorben und auferstanden ist. Darum vertrauen wir auch darauf, dass Gott alle, die im Glauben an Jesus Christus gestorben sind, auferwecken wird. Wenn er kommt, werden sie dabei sein.
15 Denn das hat uns der Herr ganz gewiss zugesagt: Wir, die beim Kommen des Herrn noch am Leben sind, werden gegenüber den Toten nichts voraushaben.
16 Auf den Befehl Gottes werden die Stimme des höchsten Engels und der Schall der Posaune ertönen, und Christus, der Herr, wird vom Himmel herabkommen. Als Erste werden die auferstehen, die im Glauben an Christus gestorben sind.
17 Dann werden wir, die wir zu diesem Zeitpunkt noch leben, mit ihnen zusammen unserem Herrn auf Wolken entgegengeführt, um ihm zu begegnen. So werden wir für immer bei ihm sein.
18 Tröstet euch also gegenseitig mit dieser Hoffnung. (1. Thess. 4,13-18)
Wenn diese Wirklichkeit auch dein Leben bestimmt, dann kannst du mit Freude die Gegenwart gestalten und in Hoffnung auf die Zukunft schauen.
© Johannes Paetzold