Die Wirklichkeit ist oft ganz anders
  Die Wirklichkeit      ist oft ganz anders

Wir denken nicht nur an uns

Hilfsorganisation ADRA Deutschland e. V.

Der Umgang mit Grenzsituationen

Palliativ Care

Schwere Erkrankungen

 

Bei schweren Erkrankungen denken wir oft zuerst an Krebserkrankungen. Lange Zeit galten sie als unheilbar. Durch die Verfeinerung der diagnostischen Methoden und der Früherkennung hat Krebs viel von seinem Schrecken verloren, auch wenn noch viel Aufklärung erforderlich ist. Daneben gibt es weitere sogenannte unheilbare Krankheiten, bei denen Menschen mit ähnlichen Ängsten und Nöten konfrontiert werden.

 

Unter starken Schmerzen wurden Menschen schon immer an den Rand der Verzweiflung gebracht. Die Hilflosigkeit in solchen Situationen wird nicht selten vom Betroffenen und seinen Angehörigen als lebensbedrohlich empfunden. Solche, eine Krankheit begleitenden, starken Schmerzen, können den Einzelnen an die Grenzen seiner Belastbarkeit führen, die sich auch in dem Wunsch nach dem Tode äußern kann.

 

Angemessene Schmerztherapie

 

Wir sind heute in der Lage, mit den entsprechenden Medikamenten zumeist eine fast absolute Schmerzfreiheit zu erzielen. Studien haben ergeben, daß bei Erkrankungen älterer Menschen, die mit starken Schmerzen einhergehen, wesentlich seltener effektive Schmerztherapien zum Einsatz kommen als bei jüngeren Menschen mit gleich schmerzhaften Erkrankungen. Im Hause MARANATHA wurde großer Wert darauf gelegt, daß den Bewohnern die gleiche Schmerzlinderung zuteil wird, wie dies bei jüngeren Patienten der Fall ist.

 

Über ein aussagekräftiges Schmerzmanagement werden auf unterschiedlichste Weise die entsprechenden Grundlagen für eine effektive Schmerzbehandlung gelegt.

 

Hier hat sich die enge Zusammenarbeit mit den behandelnden Ärzten als sehr hilfreich heraus gestellt. Wir waren in der glücklichen Lage, daß eine unserer Hausärztinnen Fachärztin in Palliativmedizin ist. Mit der heute verfügbaren Auswahl hochwirksamer Schmerzmittel war es uns somit möglich, auch bei schweren Erkrankungen fast vollständige Schmerzfreiheit zu  ermöglichen.

 

Bei einer effektiven Schmerztherapie ist nicht auszuschließen, daß sich als Nebeneffekt die Lebensspanne verkürzt. Darum kann auch eine noch so hilfreiche Schmerztherapie nicht ohne den ausdrücklichen Wunsch des Betroffenen angewandt werden. Hilfreich sind in diesem Zusammenhang ein vertrauensvolles Miteinander zwischen dem Betroffenen, den Mitarbeitern der Pflegeeinrichtung, dem betreuenden Arzt und seinen Angehörigen sowie eine Patientenverfügung, in der die gewünschte Vorgehensweise für solche Fälle geregelt ist.



Palliativ care hört sich nach etwas ganz Besonderem an.

 

Hinterfragen wir diesen Begriff, stellen wir mit Erstaunen fest, daß es sich um etwas ganz Einfaches handelt. Während auch die Medizin lange Jahre glaubte, daß wir Menschen alles beherrschen können, wenn wir nur wollen, tritt nun wieder die Erkenntnis in den Vordergrund, daß uns doch nicht alles möglich ist. Unseren Fähigkeiten und Möglichkeiten sind Grenzen gesetzt.

 

In einem französischen Sprichwort aus dem 16. Jahrhundert wird bereits zum Ausdruck gebracht, worum es hiebei geht:

 

"Guerir – quelquefois, soulager – souvent, consoler – toujours"

"Heilen – manchmal, lindern – oft, trösten – immer"

 

Oft bleibt uns nur die Möglichkeit, zu lindern und zu trösten, mit dem Begriff palliativ zum Ausdruck gebracht.

 

So hat man sich auch in der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin darauf verständigt, daß in medizinisch ausweglosen Situationen der Mensch in seiner Gesamtheit betrachtet und nach dem oben genannten Prinzip gehandelt wird

 

lindern - oft, trösten - immer

 

Hierbei kommt der Beherrschung von Schmerzen und anderen Krankheitsbeschwerden, den psychologischen, sozialen und spirituellen Problemen des Betroffenen höchste Priorität zu. Während Ärzte sich der Schmerztherapie und Behandlung der verschiedenen Erkrankungen widmen, ist es Aufgabe von Psychologen und Seelsorgern und in diesen Bereichen geschulten Mitarbeitern, sich um die psychischen und seelischen Probleme des Betroffenen zu kümmern.

 

Schließlich tragen auch die Pflegekräfte und Angehörigen dazu bei, die Lebensqualität und das Befinden des Betroffenen zu verbessern und soweit irgend möglich auf dessen Wünsche und Bedürfnisse einzugehen. Das Zusammenwirken aller entlastet den Einzelnen und fördert ein Miteinander, das Schweres und Unausweichliches besser verkraften läßt.

 

Palliativ care ist demnach viel weiter zu fassen als es oft in der Öffentlichkeit geschieht. Es geht nicht nur um Sterben und Tod. Schwerste Erkrankungen werden ebenfalls häufig als ausweglose Situationen empfunden und sind in diesen Themenkreis einzubeziehen.

Die Angst vor dem Sterben

 

Seit der Entscheidung des Menschen, sein Leben ohne Gott gestalten zu wollen, begleitet ihn der Tod. Viele Menschen unserer Zeit betrachten ihn als einen Freund, als eine Erlösung, weil sie dann ihre Schmerzen los sind. Und doch ist er der schwerwiegendste Einschnitt in ihr Leben, wenn er unmittelbar nach ihnen greift. In den Vorstellungen aller Menschen von einem Paradies hat der Tod keinen Platz, er ist ein Störenfried. In der Ausweglosigkeit des Sterbens wird der Tod sehr oft als Begründung herangezogen, daß es keinen liebenden Gott geben könne.

 

Spätestens dann zeigt sich, daß die Angst vor dem Tod, der Versuch, ihm zu entfliehen, durch alle Gesellschaftsschichten geht. Auf einmal werden Dinge im Leben des Betroffenen wichtig, denen im Leben keine Bedeutung beigemessen, oder die bewußt verdrängt wurden. Einem Sterbenden in dieser Phase seines Lebens mit der Begründung zu kommen, der Tod sei doch etwas ganz Normales, wird nicht selten als Hohn empfunden.

 

Die vielen Versuche, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen durch eine mittlerweile ausufernde Apparatemedizin, einer immer größer werdenden Ersatzteilmedizin und verschiedene andere Methoden, Leben zu verlängern, beruhigen einen Menschen, der sich auf seinen letzten Weg begibt, keineswegs. Im Hause MARANATHA wurde darum in besonderer Weise auf die Bedürfnisse eines Sterbenden Menschen eingegangen.

 

Von besonderer Bedeutung in dieser Phase des Lebens ist hier das Vorliegen einer Patientenverfügung. Wurden dort bereits in einer Situation, die der Betreffende noch selbst einschätzen konnte, Regelungen für schwerwiegende Krisensituationen getroffen, die einen würdigen Umgang sicher stellen und die persönlichen Wünsche offen legen, werden die notwendigen Handlungsabläufe deutlich vereinfacht. Eine Patientenverfügung entbindet uns als Pflegende allerdings nicht, auf eventuelle andere, als die festgelegten Wünsche des Betroffenen durch eine vertrauensvolle Begleitung einzugehen.

 

Im Hause MARANATHA war es eine Selbstverständlichkeit, daß die Angehörigen rechtzeitig in das Geschehen eingebunden werden, soweit dies von beiden Seiten gewünscht wurde.

 

Ein Sterbender hat in vielen Fällen noch Fragen, die für ihn von ganz großer Bedeutung sind. Er sucht nach Antworten, die ihm den Abschied erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen. Er sucht etwas, das ihm inneren Frieden geben kann. Hier hat sich der christliche Glaube durchaus als sehr hilfreich erwiesen. So sicher, wie Jesus Christus auferstanden ist, hat er zugesagt, daß auch für uns ein Neuanfang möglich ist. Das ist eine Botschaft des Trostes.

 

Unsere Aufgabe war es, über die rein medizinische Versorgung hinaus dem Menschen auch hier Antworten zu geben, die für ihn tragfähig sind. Da ist es gut, daß wir meistens seine Biographie kannten und erahnen konnten, was ihn bewegt. Immer wieder erlebten wir, daß ein Mensch erst dann in Frieden "einschlafen" konnte, wenn er letzte Unklarheiten - vor allem mit seinen Angehörigen - beseitigt hatte. So war es unser Bemühen, auch die Angehörigen in den letzten Tagen und Stunden einzubinden.

 

Der Sterbende erlebte, daß er nicht allein gelassen ist und auch die Angehörigen erhielten aus diesem Erleben Kraft, die folgende Zeit besser zu meistern. Wir erlebten, daß diese Einbindung in den Sterbeprozess den Angehörigen hilft, sich viele Vorwürfe zu ersparen, etwas versäumt zu haben. Immer wieder haben wir die Dankbarkeit für diese Möglichkeit eines persönlichen Abschieds erlebt.

 

Dezent unterstützten die Mitarbeiter die Angehörigen, indem sie den Aufenthalt angemessen arrangierten, für Gespräche zur Verfügung standen, kleine Annehmlichkeiten reichten. Wo es gewünscht wurde, wurden die entsprechenden Kontakte zu den Geistlichen hergestellt, so daß jeder entsprechend seinem Glauben begleitet werden konnte.

 

Wo keine Angehörigen mehr vorhanden waren, übernahmen sowohl die Mitarbeiter als auch die Leitung des Hauses MARANATHA die Begleitung in den letzten Stunden. Gerade in dieser letzten Phase des Lebens ist die seelsorgerliche Begleitung von großer Bedeutung. Die Ausbildung der Heimleitung zum Seelsorger war hier eine gute Grundlage, gezielt auf die Bedürfnisse des Betroffenen einzugehen und die Angehörigen angemessen zu begleiten.

 

Auch unsere Bewohner nahmen viel Anteil aneinander. So blieb es nicht aus, daß nicht nur Mitarbeiter, sondern auch Mitbewohner einen Verstorbenen auf seinem letzten Weg begleiteten.  Ohne eine ganz persönliche Verabschiedung geht es nicht. Ein jeder erhielt in dieser Einrichtung einen ganz persönlichen Nachruf. Auch das gehörte für uns zu einer gepflegten Sterbekultur. Einige Nachrufe und Traueransprachen können Sie bei Interesse hier lesen.

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