60.000 zusätzliche Betreuungskräfte in Pflegeeinrichtungen
Das liest sich auf den ersten Blick hervorragend. Doch was steckt dahinter?
Mittlerweile ist wohl jedem Bürger in Deutschland aufgegangen, dass es an Pflegekräften mangelt. Dieser Mangel weitet sich jetzt auch durch das PSG II (Pflegestärkungsgesetz) deutlich aus. Warum also wird von der Regierung und nun auch von Berufsverbänden die Zunahme an Betreuungskräften so deutlich in den Blick gerückt?
Nach dem Willen des Gesetzgebers ist es Betreuungskräften untersagt, pflegerische Tätigkeiten zu übernehmen. Ein Missbrauch ist sogar unter Sanktionen gestellt!
Es wird mit der Betonung auf die Betreuungskräfte der Blick weg von den Pflegekräften auf ein Nebenfeld gelenkt,
das sicher wünschenswert ist, aber das eigentliche Problem der fehlenden Pflegekräfte nicht löst. Es fehlt der Wille, das eigentliche und wirkliche Problem zu lösen!
So wird den Menschen zum wiederholten Male Sand in die Augen gestreut. Wieso?
Bedenken wir:
Minister Hermann Gröhe lobte das Pflegestärkungsgesetz (ab Januar 2017) über den grünen Klee als die größte Pflegereform aller Zeiten. Was hat er gemacht?
An Stelle der Pflegestufe 1 mit 80,5 Minuten täglicher Versorgung eines Pflegebedürftigen (bis Dezember 2016) trat der Pflegegrad 2 mit 72,8 Minuten tägliche Versorgung. – 8 Minuten
An Stelle der Pflegestufe 2 mit 112,7 Minuten täglicher Versorgung eines Pflegebedürftigen (bis Dezember 2016) trat der Pflegegrad 3 mit 102,8 Minuten tägliche Versorgung. – 10 Minuten
An Stelle der Pflegestufe 3 mit 152,8 Minuten täglicher Versorgung eines Pflegebedürftigen (bis Dezember 2016) trat der Pflegegrad 4 mit 133,7 Minuten tägliche Versorgung. – 19 Minuten
An Stelle der Pflegestufe 3+ mit 177,4 Minuten täglicher Versorgung eines Pflegebedürftigen (bis Dezember 2016) trat der Pflegegrad 5 mit 147,7 Minuten tägliche Versorgung. – 30 Minuten
Anstatt dem Pflegepersonal zusätzliche Arbeitszeit zu genehmigen, wird diesem die Arbeitszeit weggenommen und mit zusätzlichen Aufgaben weiter belastet.
Hört es sich da nicht wie ein Geschenk an, wenn Betreuungspersonal beschäftigt wird? Dieses darf allerdings nur solche Aufgaben wahrnehmen, die bisher überhaupt nicht geleistet werden konnten. Das soll die Entlastung der Pflegekräfte sein?
Ich sehe das so, dass Pflegekräfte auf diese Weise verhöhnt werden!
Es geht wieder nach Hause
Nach einem Krankenhausaufenthalt war es nicht mehr möglich, direkt nach Hause zu kommen. Auch die Angehörigen gingen davon aus, daß ein endgültiger Heimaufenthalt erforderlich ist. So kam eine neue Bewohnerin im April dieses Jahres in unser Haus.
Nun ist es uns zum dritten Mal gelungen, eine Heimbewohnerin soweit zu aktivieren, daß ihr sehnlichster Wunsch, zurück in ihr Haus zu gehen (sie hat Pflegestufe 2), in Erfüllung gegangen ist. Heute, am Sonntag, dem 15.07.2012 wurde sie, von Angehörigen begleitet, nach Hause entlassen. Mit der Unterstützung von Angehörigen, Nachbarn und dem ambulanten Pflegedienst war es ihr vergönnt, bis zu ihrem Tode im Jahre 2014 im eigenen Hause zu leben.
Ein Erfolg der aktivierenden Pflege gem. SGB XI, § 28, Abs. 4!
Mein Dank gilt vor allem meinen Mitarbeitern, die diesen Paragraphen in ihrer Arbeit mit Leben erfüllt haben.
Der Erfolg ist aber nicht der Leistungsbereitschaft der Pflegekassen und des Staates zu verdanken, da mit dem von diesen genehmigten Pflegepersonal
- für das Haus Maranatha 6,475 Planstellen -
die vom Gesetz geforderte aktivierende Pflege nicht zu leisten ist.
Um solche Ergebnisse zu erreichen, ist mehr Personal erforderlich. Im Hause Maranatha stehen hierfür Pflegekräfte mit 8,02 Planstellen zur Verfügung. Die Argumentation der Kostenträger Pflegekassen und Sozialamt ist:
Wir bezahlen nur 6,475 Planstellen - was darüber hinausgeht müssen Sie auf eigene Rechnung machen!
Eine menschenwürdige Argumentation sieht für uns, die Mitarbeiter des Hauses Maranatha, anders aus!
Achtung Behördenfalle!
Eine Person ist pflegebedürftig und befindet sich im Pflegeheim.
Ist sie verheiratet, nennen das die Behörden „Bedarfsgemeinschaft“ selbst dann, wenn der Ehepartner nicht pflegebedürftig ist und im Heim lebt. Einer solchen Bedarfsgemeinschaft wird vom Gesetzgeber ein sogenannter Schonbetrag von € 3.214,00 zugestanden. Dies ist der Betrag, den der Sozialhilfeträger nicht zur Deckung des Lebensunterhaltes heran ziehen darf. Die darüber hinaus gehenden Finanzmittel sind zur Deckung des Lebensunterhaltes einzusetzen, bevor der Sozialhilfeträger leistet.
Bis zum August 2016 musste der Partner dieser „Bedarfsgemeinschaft“, der über Einkommen verfügt, seine Einkünfte und sein Vermögen offenbaren und einen Teil seiner Einkünfte für seinen hilfebedürftigen Partner zur Verfügung stellen. So weit ist dies auch nachvollziehbar und richtig.
Seit August 2016 hat das Sozialamt des Rhein-Neckar-Kreises diese gängige Praxis geändert.
Wie bisher hat der nicht hilfebedürftige Partner dieser Bedarfsgemeinschaft weiterhin sein Vermögen und Einkommen offen zu legen.
Seit August 2016 folgt das Sozialamt dieser Systematik:
1 Der gesetzlich garantierte Vermögensschonbetrag wird an einem Stichtag bestimmt. Dieser Stichtag ist der erste jeden Monats. Übersteigt das am ersten des Monats vorhandene Vermögen (Sparbücher, Girokonten) den festgelegten Schonbetrag von € 3.214,00, gilt das diesen Betrag übersteigende Vermögen als VERWERTBARES oder EINSETZBARES Vermögen.
2 Berücksichtigt werden in der Berechnung des Sozialamtes AUSSCHLIESSLICH die Aufwendungen des hilfebedürftigen Partners zum Leben (Heimkosten). Die Lebenshaltungskosten des nicht hilfebedürftigen Partners bleiben völlig unberücksichtigt (Miete, Lebenshaltung, Versicherungen, usw.).
3 Der angeblich leistungsfähige Partner der Lebensgemeinschaft WIRD NICHT über die Praxis des Sozialamtes INFORMIERT! Das Sozialamt kürzt einfach den Unterhaltsanspruch des hilfebedürftigen Partners und leistet nur noch das um das angeblich verwertbare, einsetzbare Vermögen gekürzte Entgelt.
Konkrete Situation:
Renteneingang des „leistungsfähigen“ Partners erfolgt am letzten eines Monats (hier € 950)
Stichtag ist der erste des Folgemonats
Hiermit entsteht die Situation, Schonbetrag € 3.214,00 + Renteneingang € 950,00 = Vermögen € 4.164,00. Der Schonbetrag wird also um diese Renteneingänge überschritten und als VERFÜGBARES Vermögen behandelt. Dass der Rentenempfänger selbst aber Miete, Nebenkosten, Versicherungen und eigene Lebenshaltung aufwenden muss, bleibt bei dieser Rechnung des Sozialamtes unberücksichtigt.
Ich betrachte das Verhalten des Sozialamtes als einen Skandal. Da das Sozialamt aber den nicht hilfebedürftigen Partner nicht informiert, läuft er unweigerlich in diese Falle.
Um durch den Schonbetrag nicht in eine ungerechtfertigte Leistungspflicht zu geraten, müsste dieser Schonbetrag also soweit reduziert werden, dass bei Renteneingang keine Überschreitung des
Schonbetrages zustande kommt.